Der 2. Februar 1945.... nach dem Bombardement
Ich freue mich sehr, dass die in den zurückliegenden Jahren mehrfach erfolgten Vorstöße zur Errichtung einer eigenen Gedenk- und Mahntafel für das schreckliche Geschehen am 2. Februar 1945 mit seinen zahlreichen Toten und Verletzten nach mehr als 75 Jahren nun endlich zum Erfolg geführt haben!Als Mitglied der ehemaligen Dattenfelder Frauenfeuerwehr gratuliere ich dem Förderverein Historisches Rosbach e.V. und allen weiteren Beteiligten von Herzen zu ihrem Engagement zur Errichtung einer Gedenk- und Mahntafel, die an das fürchterliche und sinnlose Geschehen vom 2. Februar 1945 erinnert.
Ich selbst habe mich als Zeitzeugin mehrfach – bei Politik und Kirche – in den Jahren 1989/90, 2014/15 und noch Ende 2018 - für eine Gedenk- und Mahntafel eingesetzt. Daher empfinde ich heute große Dankbarkeit und Genugtuung, dass Bürger in Rosbach und Umgebung nach nunmehr 75 Jahren endlich die Kraft gefunden haben, der vielen Toten und Verletzten mit dem Errichten einer Gedenk- und Mahntafel würdig zu gedenken.
Es ist nun sehr lange her, und ich erinnere mich heute, als ehemaliges Mitglied der damaligen weiblichen Dattenfelder Feuerwehr, die am 2. Februar 1945 in Rosbach gerettet und gelöscht hat, nur noch an einige wenige Details. Da alle wehrfähigen Männer und sogar alle jungen Burschen zum Wehrdienst und zur FLAK (Flugabwehr) eingezogen waren, war im Herbst 1944 die Dattenfelder Frauenfeuerwehr gegründet worden. Dieser Frauenfeuerwehr gehörten 16 junge uniformierte Mädchen an, die durch den Wehrführer Willi Schmidt und unsere beiden hervorragenden Ausbilder, die Brandmeister Josef Penny und Johann Welteroth geführt wurde. Ich vermute, dass von meinen damaligen Kameradinnen heute niemand mehr lebt. Unsere Mannschaft bestand bis etwa April 1945.
Dann wurde der aktive Feuerwehrdienst wieder von in ihre Heimat zurückgekehrten Männern übernommen. Auf der für uns junge Frauen seinerzeit würdig gestalteten Abschieds- und Dankesfeier, hielt ich für uns alle eine Abschiedsrede, deren Text noch erhalten ist.
Nachdem wir durch das Heulen der Sirene alarmiert und uns am hölzernen Feuerwehrturm an der Dattenfelder Volksschule versammelt hatten, waren wir darüber informiert worden, dass Rosbach Opfer eines fürchterlichen Bomberangriffs geworden war. Die uns zur Verfügung stehende Motorspritze vom Typ TS 4 auf Lafette, musste von Hand, einem Pferdefuhrwerk oder einem Kraftfahrzeug, von denen es kaum welche gab, gezogen werden. Mein Vater Waldemar Caminneci, der seit 1924 Ehrenmitglied der Dattenfelder Feuerwehr war, hatte der Feuerwehr im Jahr 1928, da war ich gerade 5 Jahre alt, einen Lastkraftwagen als Mannschafts- und Gerätewagengeschenkt. Dieser scheint aber gegen Ende des Krieges nicht mehr in Betrieb gewesen zu sein.
Wie nicht anders kannten, fuhr mein Vater auch bei diesem Einsatz unsere Motorspritze an seinen Pkw gehängt, zum Einsatzort nach Rosbach. Wie unsere Mannschaft nach Rosbach gekommen ist, erinnere ich nicht im Detail nicht mehr. Oft mussten wir ja zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu den Brandstellen eilen oder mein Vater, wenn er zu Hause war, fuhr das Auto hochbepackt, mehrfach zwischen Dattenfeld und dem Brandort hin und her, bis wir alle am Brandort einsatzbereit waren.
Sein Auto vom Typ Wanderer war in dieser Zeit weit und breit der einzig noch fahrbereite Pkw, der von den deutschen Behörden deshalb nicht beschlagnahmt worden war, weil er als Feuerwehrfahrzeug eingesetzt wurde und für uns unentbehrlich war. Ich erinnere auch, dass es für meinen Vater in den Kriegsjahren oft sehr schwer war, überhaupt an Benzin für das Auto zu kommen. Wenn man Glück hatte, fand man zufällig noch etwas Benzin in abgeworfenen fast leeren Benzinkanistern, die von den Engländern und Amerikanern zur Erleichterung ihrer Flugzeuge nach den Bombenabwürfen abgeworfen worden waren.
In Rosbach angekommen, bot sich uns jungen Mädchen ein fürchterliches Bild, wie wir es so noch nie gesehen hatten. Überall Trümmer, die meisten Fachwerkhäuser im historischen Ortskern waren zusammen- oder auseinandergebrochen. Es brannte und rauchte überall. Insbesondere die Häuser in der Nähe des Kirchhofes waren völlig zerstört.
Wir löschten die Brandherde und bargen Verletzte und viele Tote, wo wir konnten. Es stellte sich nach und nach heraus, dass neben Einzelpersonen auch ganze Familien getötet worden waren.
Auch in der Umgebung waren die Häuser nicht mehr bewohnbar. Viele Bewohner hatten noch versucht, sich während der Bombenabwürfe in ihre Hauskeller zu flüchten. Dabei waren viele Rosbacher in ihren Kellern verschüttet worden. Sie waren vielfach schwer verletzt eingeschlossen oder wegen zerstörter Wasserleitungen gar ertrunken.
Besonders schlimm habe ich in Erinnerung, dass wir Mädchen während der Lösch- und Rettungsarbeiten aus tief-fliegenden Flugzeugen mit Bordkanonen gezielt und rücksichtslos beschossen wurden. So waren wir immer wieder gezwungen, das Löschen und Bergen zu unterbrechen und Schutz zu suchen. Wir liefen den Berghang hinauf (Richtung Hurster Straße/Waldkrankenhaus) und warfen uns zum Schutz in dort vorhandene Wassergräben.
Immer wieder flackerten Brandherde auf und wir versuchten mit großer Mühe, verschüttete Keller zu öffnen um Verletzte zu retten und gar Tote zu finden. Wir retteten und löschten über einige Tage hinweg und hielten nachts Brandwache. Ich erinnere mich gut, dass die zwei tüchtigsten und mutigsten unserer Mannschaft ausgerechnet die zwei jüngsten Mädchen waren. An ihre Namen kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiß nur noch, dass sie aus den zwei Häusern am Sportplatz in Übersetzig stammten.
Auch erinnere ich mich noch, dass der Rosbacher Apotheker, Herr Schönen, durch den beim Bombardement entstandenen Luftdruck auf der Flucht in den Keller seines Hauses, auf der Kellertreppe erstickt war. Seine Schwiegertochter Doris war meine Klassenkameradin aus dem Siegburger Lyzeum. Sie stand verwirrt oben auf den Trümmern der Apotheke und steckte mir ihren geretteten Schmuck in eine Tasche meiner Uniformjacke mit der Bitte, diesen für sie zu retten.
Viele der geborgenen Toten legten wir u.a. in die evangelische Kirche. Diese war – bis auf die zersprungenen Fenster – weitgehend unbeschädigt geblieben.
Und an ein weiteres Detail kann ich mich erinnern. Auch das Rathaus war schwer beschädigt. Während unserer Löscharbeiten trugen Retter immer wieder Kleidungsstücke aus dem unversehrt gebliebenen Rathauskeller heraus. Ich vergesse nie, dass ich darunter von meinen Eltern im Zuge der zahlreich durchgeführten Kleidersammlungen gespendete Kleidungsstücke wiedersah: Uniformjacken und -hosen der Deutzer Kürassiere, von meinem in der Familie so heiß geliebten, im I. Weltkrieg in Frankreich gefallenen Onkel Quintino Caminneci. Offensichtlich hatten die dt. Stellen die gespendeten Kleidungsstücke gehortet, anstatt sie weiterzuleiten.